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Am Anfang war das Licht

6. Dezember 2010

Ich war im Kino und habe mir „Am Anfang war das Licht“ angesehen.
In dem Dokumentarfilm von P.A. Straubinger, von den Produzenten von den Filmen „We feed the World“ und „Let’s make Money“ geht es um Menschen, die behaupten, nicht zu essen – und das über Jahre. In Deutschland heißt das „Lichtnahrung„.

Vor dem Film

Ich hatte die Werbung gesehen, im Bioladen wo ich arbeite hing sie aus. Ich habe mir darauf den Trailer angesehen:

Ich war skeptisch, schließlich bin mit Globuli, Edelsteinen und Pendeln oft in Berührung gekommen und glaube nunmehr an nichts von alledem. Gleichzeitig interessiert es mich, wie man an das Thema herangeht und was die Wissenschaft sagt.

Auf radioeins habe ich vor einiger Zeit mal einen Beitrag von Dr. Mark Benecke zu dem auch im Film gezeigten indischen Yogi, der klinisch untersucht wurde, gehört. Darin bezweifelt der Wissenschaftler, dass der Yogi nichts getrunken und gegessen hat, weil sich der Inhalt der Blase und der Zuckeranteil des Bluts ändert. Er vermutet, dass Sympathisanten ihm etwas zugesteckt haben, wie es scheinbar häufig vorkommt.
Dr. Mark Benecke war übrigens auch Teilnehmer der Diskussion bei der Filmpremiere. Aufzeichnungen dieser habe ich leider nicht gefunden.

Zu dem Radio-Beitrag (6 Min.)

Inhalt

Der Film beginnt mit Interviews von Menschen, die nicht essen, zwei Österreicher, beide Langhaarig und dürr, klischeehaft esoterisch, finde ich. Darauf kommen Ärzte und Stoffwechselexperten zu Wort, die Leben ohne feststoffliche Ernährung als wissenschaftlich unmöglich beschreiben. Im Laufe des Films werden Interviews mit mehreren Personen geführt, die nicht essen und es werden wissenschaftliche Untersuchungen vorgestellt. Die Menschen die angeben, Licht statt Nahrung aufzunehmen, kommen vorwiegend aus Asien (Indien, China, Russland) aber auch aus Europa (Schweiz, Deutschland) und Australien. Auch z.B. in der schweizerischen und deutschen Geschichte gab es bekannte Fälle. Die Menschen erzählen, dass sie eines Tages kein Bedürfnis mehr nach physischer Nahrung hatten, sich „satt“ gefühlt hatten. Manche essen ab und zu aus Appetit oder Erschöpfung. Wissenschaftliche Untersuchungen wurden in den letzten Jahren in Europa und in Indien gemacht. Dabei hat man die Person in einer Klinik über Wochen beobachtet und untersucht. Diese Untersuchung wurde in Europa zwei mal mit Dr. Michael Werner gemacht. Das Ergebnis wurde einmal verweigert und das andere Mal lautete es, er habe sich in einem „Fastenzustand“ befunden, weil er an Gewicht abgenommen habe.

Es auch wird die Geschichte der Lichtnahrung beschrieben, alte Fernsehaufzeichnungen und Schlagzeilen zu Todesfällen unter den Anhängern von „Jasmuheen„.

Gegen Ende des Films wird behandelt, inwiefern die Tatsache des Hungertods dem Leben ohne Essen widerspricht. Tatsächlich ist das ein wichtiger Einwand. Die Erklärung kommt von dem amerikanischen Bewusstseinsforscher Dean Radin, der darstellt, dass das menschliche, geistige Bewusstsein in die physische und biologische Materie eingreift, das soll bedeuten, dass eine Ernährung von Licht einer geistigen Einstellung bedarf und nicht anders herum, “Es wäre durchaus vorstellbar, dass sich jemand nur durch Intention alles aus der Umgebung holt, was er zum Leben braucht.“, so Radin.
Aus meiner Sicht ist das Stichwort hierzu der Placeboeffekt.
An diesem Punkt wird die Quantenphysik mit ins Boot geholt – etwas, wovon ich beim besten Willen nichts verstehe. Die Quantenphysiker schreiben dem Bewusstsein eine bedeutendere Rolle zu, als der Gesellschaft bekannt oder bewusst ist. Anhand einiger erfolgreicher Versuche, bei den unabhängige Probanden versuchen das Fallen von Kugeln ohne physischen Einfluss in eine Richtung zu beeinflussen, wird die Wirkung des Bewusstseins auf die Umwelt erklärt.

Nach dem Film

Es ist ein guter Dokumentarfilm. Er hat zumindest mich vorerst überzeugt, dass es für manche Menschen möglich ist, ohne Nahrung zu leben.

Um Artikel zu schreiben bin ich beim surfen über andere Artikel gestoßen, die den Film als unwissenschaftlich und moralisch nicht vertretbar verurteilen. Andererseits gibt es aber auch heftige Kritik an genau dieser Empörung.

Wen die Debatte interessiert, der findet einen schönen Überblick in einem Artikel auf Kopp Online.
Die kritischen Schriften stammen hauptsächlich von Ulrich Berger, einem österreichischen Professor für Mathematik und Wirtschaftswissenschaft. Er bloggt hauptsächlich über Pseudowissenschaft und ist interessanterweise im Vorstand der GWUP (Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften). Seine Auseinandersetzung mit dem Film ist lesenswert, wenn auch sehr offensiv und grob.
Die österreichische Zeitung „der Standard“ hat einen aus meiner Sicht auch sehr groben, mauernden Artikel zum Film geschrieben. Eine sehr schöne und zynische Antwort darauf schreibt Staubinger persönlich.
Desweiteren gab es Kritik vonseiten einer Psychologin, die befürchtet, dass Magersüchtige ihr Essverhalten mithilfe des Films legitimieren könnten. Ein Beitrag von „Konkrek“ (ORF2) zeigt die Position von Ulrich Berger, von ein paar Zuschauern, vom Regisseur und von der besagten Psychologin:

Essverhalten

Ich bin überzeugt, dass ich mich nicht von Licht ernähren möchte und auch nicht kann. Dafür bin ich für den Geschmackssinn und für das gute Essen zu dankbar. Ich bin aber überzeugt, dass ein Umdenken unseres Essverhaltens nötig ist, um ärmeren Menschen und auch uns selbst eine bessere Lebensqualität zu ermöglichen.

Konsum von Nahrung sollte bewusst und bedacht geschehen. Wir erzeugen mit jedem Kauf Nachfrage, fördern die Produktion und alle Konsequenzen. Und auch uns selbst tun wir nichts Gutes. Überernährung (mit Folgen wie Fettleibigkeit, Diabetis und Essstörungen) ist eines der größten Gesundheitsprobleme reicher Länder wie Deutschland. Es entstehen psychische Konflikte zwischen Lust am allseits verfügbaren Essen und den schlanken Schönheitsidealen. Die entstehende Unzufriedenheit schürt den Appetit, das Problem und der Druck wächst. In vielen Fällen entstehen Esstörungen.

Eine zumutbare Alternative zur Lichtnahrung ist das dauerhafte und stressfreie kalorienreduzierte Essen. Untersuchungen dessen zeigen bei Ratten und bei Menschen eine höhere Lebenserwartung und geringere Anfälligkeit für Krankheiten. Das hat z.B. die japanische Insel Okinawa gezeigt, auf der die Menschen mit 100 Jahren noch ungewöhnlich fit sind. Sie ernähren sich hauptsächlich von Obst, Gemüse, Reis und Fisch und essen sich zumeist nur zu 90% satt. Infos und Video zur Okinawa-Studie gibt es auf ARTE.tv.
Manche Menschen zählen ihre Kalorienaufnahme (etwas, was ich persönlich als stressig und unnatürlich empfinde) oder essen einfach ab einer bestimmten Tageszeit (oft 18 Uhr) nichts mehr. Wichtig dabei ist das eigene Wohlbefinden und das Bewusstsein. Unangenehmer Zwang verhindert alle Formen von positiver Entwicklung, was zumeist auch die Ursache abgebrochener Diäten ist.

Fazit

Über die Wissenschaftlichkeit und Befangenheit des Films lässt sich durchaus streiten. Eine Wahrheit kann niemand verkünden.

Wichtig und gut ist aus meiner Sicht allemal, bestehende Annahmen zu hinterfragen und neue Erklärungen zu suchen. Der Mensch ist zu viel mehr fähig, als wir selbst annehmen und keine Wissenschaft hat uns bisher alles erklären können. Vieles ist infrage zu stellen. Filme wie „Am Anfang war das Licht“ fordern das von den Zuschauern und werden auch deshalb so heftig kritisiert, weil sie die Macht der Lebensmittelindustrie und damit auch die der Politik gefährdet.

„Habe den Mut dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“, hat Kant gesagt und er hat Recht.

One Comment
  1. Hein Tacheles permalink

    Ein interessantes Interview mit P.A. Straubinger, in dem er die Vorwürfe der Vertreter der Skepikervereine und von esowatch.com beantwortet, findet sich unter:

    http://www.esowatch.de/index.php?option=com_content&view=article&id=155:pa-straubinger-warum-er-den-schmaehpreis-entgegen-genommen-hat&catid=8:richtigstellungen

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